Innere Struktur und Aufbau des Märchens

Märchen folgen allesamt einem Grundmuster, dessen sich die Schweizer Analytikerin Verena Kast etwas genauer angenommen hat

Die innere Struktur des Märchens nach Verena Kast:

 

Betrachtet man das Märchen einmal von seiner Struktur her, so ist zu bemerken, daß es linear (im literaturwissenschaftlichen Sinne) aufgebaut ist. Es gibt keine Nebenhandlungen, keine rückschauenden inneren Handlungssequenzen, keine erzählerischen Finessen - es sei denn, der aktuelle Erzähler flicht diese mit ein. Die Grundstruktur der Linearität jedoch spiegelt bei psychologischer Betrachtungsweise, wie Kast aufzeigt, meist auch eine typisch ablaufende Problemkonstellationsfolge dar:

 

Die Struktur gliedert sich in vier (dem Dramenaufbau ähnelnde) Phasen auf:

 

1. Ausgangssituation: Grundbedingung unter der es zur Geschichte kommt. Das „Bild“ für das vorliegende Problem, das das Märchen bearbeitet.

 

2. Verdichtung: Weg bis zum Umschlagspunkt, „Weg“, den der Held gehen muß. Unter Umständen gibt es verschiedene Umschlagspunkte auf diesem Weg.

 

3.Umschlagspunkt: Momente der Wandlung, die sich während der Verdichtung anzeigt.

 

4. Schlußsituation: Durch die Wandlung entstandene neue Gesamtsituation.

 

 

Ein Beispiel ist hier zum Beispiel das folgende Muster: König ist durch Krankheit bedroht, der Prinz muß ihm das Lebenswasser besorgen (dafür heiratet er später die Prinzessin =>das Lebenswasser beinhaltet also zweierlei Leben) auf dem Weg zur dunklen Höhle muß er allerhand Gefahren (wie Drachenkampf, Hexenlist, Zauberattacke) bestehen, am Schluß bekommt er das Wasser, der König wird gesund, tritt aber dennoch das Reich dem Lebensretter und der Tochter ab.