Der Märchenbaukasten - Märchen selbst gemacht

Märchen folgen, eben weil sie nur mündlich weitergegeben wurden, einigen einfachen Mustern, mittels derer eigentlich jeder in der Lage ist, selbst Märchen zu schaffen und zu erzählen - ehrlich gesagt haben auch Joanne K. Rowling mit "Harry Potter" und J.R.R. Tolkien mit dem "Herrn der Ringe" nichts anderes gemacht.

Ihre Märchen wurden eben einfach gigantisch, folgen aber ebenso den grundsätzlichen Mustern auf der Basis "das Gute gegen das Böse".

Ein Beispiel für ein solches Märchen, das die unten angeführten "Bausteine" berücksichtigt, aber sie auch variert und mit ihnen im Stil einer Kindergeschichte sielt, ist märchenhafte Erzählung vom kleinen Ritter Wohlgemut, die ich verfasst habe: Der kleine Ritter Wohlgemut

Wie fängt man also an?

Am Anfang steht der Held - oder die Heldin. diese Figur sollte ein paar Merkmale erfüllen, die sie beispielhaft machen. Sie muss beispielsweise eine oder mehrere (gerne drei, gemäß der Magie der Zahl) Prüfungen bestehen, Rätsel lösen, Aufgaben erledigen, um im Anschluss eine Belohnung zu erhalten oder das Glück zu finden.

Hier ist es der kleine Ritter Wohlgemut...

 

Die Beschaffenheit eines brauchbaren Helden/Heldin:

Der "typische Held" im Märchen steht dem antiken Helden der griechischen Sagenhelden gegenüber. Er/Sie ist in der Regel von niederer Herkunft (aber auch Königssöhne eignen sich), zumeist jung (der jüngste, kleinste, ärmste einer Reihe), mittellos, in prekärer Lage, aus irgendeinem Grunde einsam und unglücklich oder auf der Suche nach etwas Höherem.

Im Verlauf eines typischen Märchens erreicht die Hauptfigur - mit Glück, Geschick, der Hilfe guter Mächte oder Schläue - aber zumeist das angestrebte Ziel. Das kann die Königstochter sein, ein Schatz, ein Königreich, die Freiheit - oder alles auf einmal. Immer aber obsiegt das Gute über das Böse.

Der kleine Ritter Wohlgemut hat beides: er ist adlig - aber arm, er ist klein - und diese Kleinheit wird mehrfach betont, damit sich ein Kind besser mit ihm identifizieren kann.

Er ist dazu mittellos, in einer absolut prekären Lage - denn er ist allein und hat Hunger - und ist sehr unglücklich...

 

Die Aufgaben - ein Konflikt muss her!

Stellt den Figuren abenteuerliche (auch gefährliche) Aufgaben! Mächtige Wesen und böse Figuren werden durch Kämpfe in der Regel besiegt. Auch Rettung von der Person, die zum Beispiel erobert werden sollen oder die Erlösung eines Verwunschenen sind Aufgaben, die die Figuren in eurer Geschichte lösen sollten.

Die Aufgabe des kleinen Ritters ist vergleichsweise schwierig, da er sie selbst nicht kennt: er muss lernen, sich selbst zu helfen - wodurch die Geschichte zunächst den typischen Märchenrahmen verlässt und Bestandteile der Initionsprosa aufgreift.

 

Lösen der Aufgaben

Durch Mut, List, Güte der Figur oder Eingriffe eines (über-)mächtigen Lebewesens, z.B. Zauberer.

Wohlgemut muss, ohne es zu wissen, sein eigenes Glück finden und vor allem - sogar ohne es vorgehabt zu haben - seinen Besitz wahren. Noch dazu, aber die Aufgabe ist einfach zu lösen, rettet er eine Mutter und ihr Kind vor dem Hungertod. All dies tut er aus einem kindlichen Ansinnen heraus - er entspricht nicht dem typischen Helden - und aus Güte. Um diese zu betonen und dem Leser/ Hörer noch vor dem Zusammentreffen mit der Mutter und ihrem Kind vertraut zu machen, muss er dem Reh begegnen, das er verschont.

 

Märchenwesen, die den Weg des Helden kreuzen

 

Die Guten:

  • ·        die Person, die gerettet werden muß
  • ·        König(in)
  • ·        Sprechende Tiere (Fabeltiere)
  • ·        Trolle
  • ·        Andere Helferlein (laßt eure Fantasie spielen)
  •       das vermenschlichte Rehkitz

Die Bösen:

  • ·        Stiefschwestern
  • ·        Älteres Brüderlein
  • ·        Hexen
  • ·        Drachen
  •      der Lehensherr, der die Mühle (und somit die                         Lebensgrundlage der Kleinfamilie) für sich beansprucht

 

Sprachliche Mittel - Aufbau des Textes

Die Sprache bringt den klaren Gegensatz von Gut und Böse zum Ausdruck.

- Falsches und richtiges Handeln werden oft aneinandergereiht (z.B. zweimal falsch gehandelt, einmal richtig gehandelt).

 

- Aufzählungen sind erwünscht, wie "der erste Bruder, der zweite Bruder, der dritte Bruder".

 

- Wiederholungen kennzeichnen in ihrer Formelhaftigkeit die sprachliche Ebene, Reden, Sprüche, Zaubersprüche, die Wiederholung von Gedanken oder Ereignissen stabilisieren das Erzählgefüge und bieten dem Sprecher/ Erzähler beim mündlichen Vortrag eine mentale Ruhepause, um sich den weiteren Fortgang der Handlung ins Gedächtnis rufen zu können ohne dass ein Bruch entsteht.

Zudem sorgen die Wiederholungen im kindlichen Ohr für ein Gefühl der Vertrautheit.

 

Märchen sind in der Regel

  •  namenlos ("die Jüngste der Töchter")
  •   zeitlos ("Es war einmal ...")

 

Das Ende

Es sollte immer gut ausgehen, z. B. durch den Sieg des Guten, durch Überwindung des Bösen oder durch die Hochzeit eines Lebewesens.

 

Wer mag, kann das Ganze ja nun einmal auf Harry Potter anwenden - und dann im Anschluss den ersten eigenen Märchenroman verfassen....

In der Basis übernommen, aber durch eigene Inhalte wesentlich ergänzt, von: http://www.fantasten.de/bauanl.htm